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Buch des Monats


Hier stellen wir Ihnen "Das Buch des Monats" vor. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sie orientiert sich auch nicht an den gängigen Publikationen über die aktuelle literarische Szene, sondern spiegelt einzig und allein die subjektive Meinung und das Literaturverständnis der Redaktion wider.

Wir werden uns zwar immer alle erdenkliche Mühe bei unserer Auswahl geben. Gleichwohl können wir nicht ausschließen, daß unser ausgesuchtes Buch des Monats nicht immer ungeteilten Beifall findet. Doch dieses Risiko wollen wir in Kauf nehmen.




Das Buch des Monats Dezember 2016
Titel: Der Atem der Welt
Autor(en): Carol Birch
Verlag: insel taschenbuch / 395 Seiten / € 9,99
ISBN-Nr.: 3-458-35969-2

Es gibt sie noch, die richtigen Romanautoren, in diesem Falle eine Autorin. Die tatsächlich noch Geschichten erzählen können, die den Leser einfangen, ihn erstaunen lassen, atemlos machen, ihn klüger machen, ihm von Dingen berichten, von denen er bislang noch nichts wußte.

Birch hat ein Buch geschrieben, an das man sich erinnert, auch noch nach Jahren, jedenfalls an einzelne Begebenheiten, vielleicht sogar an den einen oder anderen Satz noch. Bei welchen Büchern erlebt man das heutzutage sonst noch? Im literarischen Zeitalter der Lakonie, des Zigarettenanzündens, des Kopulierens, der Stammelsätze, der Selbstbespiegelung.

Birch nimmt für ihre Handlung eine Anleihe an eine wahre Begebenheit, die sich im frühen neunzehnten Jahrhundert ereignete. Ein englisches Walfangschiff wird von einem Pottwal zum Kentern gebracht, die Besatzung muß in die kleinen offenen Fangboote, die drei Monate lang in der Weite des Pazifischen Ozeans treiben. Nur acht Männer der ursprünglich einundzwanzigköpfigen Besatzung überleben, davon zwei auf einem unbewohnten Eiland, auf das sie sich aussetzen lassen. Die übrigen Männer bleiben in den Booten, darunter ein Junge aus London mit seinem Freund, die der Zufall auf den Walfänger führte. Was nun folgt, ist ein Martyrium unter sengender Sonne, peitschendem Regen, sturmaufgewühlten Wellen. Die Nahrungsmittel gehen aus, das Trinkwasser wird knapp, der Tod beginnt die Reihen zu lichten. Furchtbare, entsetzliche, kaum beschreibbare Dinge ereignen sich in den Booten, die sich niemand, der nicht Vergleichbares erlebte, wohl vorzustellen vermag.

Cararol Birch hat aus dieser Katastrophe, die damals großes Aufsehen erregte, einen packenden Roman gemacht, der den Leser am Ende zum Innehalten zwingt, den die Gedanken über menschliche Verhaltensweisen, auch Größe, in extremen Momenten, in schier auswegloser Situation nicht mehr loslassen.

Die Autorin (geb. 1951 in Manchester) ist beileibe kein unbeschriebenes Blatt, besonders in England nicht, wo sie bereits mit einigen Preisen ausgezeichnet wurde.
„Der Atem der Welt“ (Originaltitel: „Jamrach´s Menagerie“) wird gemeinhin als ihr erfolgreichstes Buch angesehen.



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(Das Drama auf hoher See inspirierte im übrigen auch Herman Melville. Er schrieb darüber den weltberühmten Roman „Moby Dick“, legte das Buch jedoch völlig anders an, bezog die Handlung ausschließlich auf die Auseinandersetzung des fanatischen Kapitäns mit dem legendären weißen Wal; die Tragödie der Mannschaft stellt er gnädiger dar, er erspart ihr die monatelange Qual und läßt sie mit dem leckgeschlagenen Schiff versinken.)

Hinweis:
Vorherige "Bücher des Monats" können Sie weiterhin in unserem Archiv einsehen.




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