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19.09.2008 Die Faszination des Schrecklichen

Vor geraumer Zeit sprach „Kritikus“ von der „Lust am Bösen“. Das Genre der Kriminalromane war gemeint. Seitdem hat sich nichts geändert, im Gegenteil, der Zuspruch der Leserschaft zu jenen Büchern hat sich, so hat es den Anschein, eher noch verstärkt.

Die Stadt Unna und das „Westfälische Literaturbüro“ veranstalten vom 13. September bis zum 8. November das Literaturprojekt „Mord am Hellweg – Tatort Ruhr“. Nun muß man dazu wissen, daß dort keine Kriminologen, Gerichtsmediziner und andere Verbrechensbekämpfer und –aufklärer ihre Erfahrungen und Erkenntnisse diskutieren und austauschen, sondern es ausschließlich um erfundenen Mord und Totschlag geht, um das ganze Spektrum menschlicher Abscheulichkeiten, das ausschließlich der Phantasie von Autorenhirnen entstammt. Die Eröffnung fand sinnigerweise unter der Bezeichnung „Circus Criminale“ statt, in deren Verlauf unter den Klängen des Landespolizeiorchesters erste Kriminalromane dem geneigten Publikum vorgestellt wurden. Tags darauf öffnete das Dortmunder Polizeipräsidium für einen Familientag seine Räume.

Offensichtlich ist der reale Schrecken, der uns täglich über Rundfunk, Zeitungen und Fernsehen erreicht, nicht genug. Vielleicht sollte man bei solcher Gelegenheit versuchshalber einmal wahre Tatortfotos aushängen oder auch Aufnahmen aus der Gerichtsmedizin zeigen, damit an Hand praktischer Beispiele verdeutlicht wird, wie Verbrechensopfer, die in den Romanen so spannend zu Tode kommen, in der Wirklichkeit von den Tätern zugerichtet wurden. Auch der Gedanke, daß vielleicht die eigene Tochter, der eigene Mann, die eigene Frau auf dem Seziertisch liegen könnten, würde möglicherweise die Leselust am – fiktiven – Unglück anderer nicht unwesentlich dämpfen.


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