Kritikus
06.03.2011 Schamlos
Arno Geiger hat ein Buch über seinen noch lebenden, an Demenz erkrankten Vater geschrieben, das vom Verlag, von ihm gewogenen Kritikern und Lesern als bewegend, als einfühlend, als tief berührend und dergleichen mehr beschrieben und gelobt wird („Der alte König in seinem Exil“).
Kann man seinem Vater eigentlich noch Schlimmeres, noch Demütigenderes antun? Gibt es nicht eine letzte Würde für jeden Menschen, auch wenn er vermutlich nicht mehr viel oder gar nichts mehr um und von sich selbst weiß? Existiert nicht eine letzte Hemmschwelle, findet sich da kein fundamentaler Respekt, der daran hindert, einen Menschen, noch dazu den Vater, in intimsten Details der Öffentlichkeit schutzlos preiszugeben?
Was hätte der Vater, der sich nicht mehr zur Wehr setzen kann, wohl dazu gesagt, daß ihn der Sohn einst unter der Fahne des Schriftstellers gegen Honorar gewiß nicht geringer voyeuristischer Neugier überlassen wird?
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