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08.02.2005 Respekt, Frau Heidenreich!

Seit Wochen in den Bestseller-Listen: „Erinnerungen an meine traurigen Huren“, Autor kein geringerer als Literatur-Nobelpreisträger Gabriel Garcia Mãrquez. Die Kritik geht mehrheitlich zustimmend bis sehr angetan mit dem Buch um; „Die Kritik“, aber eben nicht Elke Heidenreich.

Wenn Menschen älter werden, verändern sie sich bekanntlich. Biologisch wie auch verstandesmäßig, wobei das eine oft das andere wesentlich bedingt.
Von Frauen weiß man, daß sie in späteren Jahren - je nach eigenem Erleben - nicht selten ein oftmals kritisches Verhältnis zur Sexualität entwickeln, während Männer dazu neigen, versäumten Gelegenheiten und ihrer schwindenden Manneskraft nachzuhängen.

Und jene Männer schreiben dann oft Bücher, in denen sie ihre alterspubertären Johannistrieb-Phantasien ausleben. Ein solches Buch schrieb nun Mãrquez, und Heidenreich überzieht es zu recht mit vernichtender Kritik, denn die Hauptfigur, ein triebhafter Greis, dem Mãrquez einen „erstaunlichen Eselsschwanz“ anheimgibt, versucht sich ausdauernd, wenn auch am Ende Verzicht übend an einer offensichtlich Minderjährigen, die ihm von einer Bordellbesitzerin zugeführt wurde.

Im Zeitalter großangelegter Kampagnen gegen Kindesmißbrauch und Kinderpornographie ein solches Buch auf den Markt zu bringen und es noch zu bejubeln, ist schon mehr als erstaunlich, im Grunde skandalös.

Doch Mãrquez ist in prominenter literarischer Gesellschaft. Vladimir Nabokov („Lolita“), Philiip Roth („Das sterbende Tier“), John Updike („Brasilien“), Charles Simmons („Das Venus-Spiel“), Martin Walser („Der Augenblick der Liebe“) oder Louis Begley („Schiffbruch“); immer führten die Feder jene verqueren Greisen-Gelüste, die so gerne ansonsten verschwiegen und unter weißen Brusthemden, Aftershave-Düften und Altersweisheit und -weltläufigkeit versteckt werden.
Einen aus der Riege vergaß – oder verschonte – Elke Heidenreich in ihrer Aufzählung allerdings noch: Walter Kempowski („Hundstage“).


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