Die faszinierende Welt des Wortes
Aus der Welt der Literatur
Top-Ten der Belletristik
Buch des Monats
Kontakt
Links
Kritikus
In eigener Sache
Login



Aus der Welt der Literatur



2009-07-14
Undine (F. de la Motte Fouqué / Reclam Universal-Bibliothek / ISBN 3-15-000491-8)

Eine Geschichte, ein Märchen, eine Fabel.........in einer Sprache aus vergangener Zeit, die viele inzwischen als zu gedrechselt, zu gestelzt, zu blumig betrachten. Doch nach wie vor verkörpert sie für jene, die das literarische Zeitalter der Romantik („Undine“ zählt zu ihren Meisterwerken) verehren, immer noch höchstes Lesevergnügen. Ein kleines Reclam-Heftchen, vorzüglich mitzuführen und rasch hervorzuziehen an Orten und zu Gelegenheiten, wo für´s Bücherlesen kaum eine Möglichkeit besteht.

Friedrich Baron de la Motte Fouqué entstammt einem französischen Adelsgeschlecht, das in den Wirren der Hugenottenverfolgungen das Land verließ. Er wurde 1777 in Brandenburg geboren, starb 1843 in Berlin. „Undine“ (erschienen 1811) machte ihn zu damaliger Zeit weltbekannt, beförderte ihn in die Riege der beliebtesten Dichter der Romantik.

----------------------------------------------------------------------------------




Undine entsteigt den Fluten, kommt aus dem Reich der Wassergeister, besitzt wie alle jene Wesen keine Seele, die sie durch die Liebe zu einem Menschen zu erhalten hofft. Zwar gelingt ihr auch, die Gunst eines Ritters zu gewinnen, doch dieser, der um ihre Herkunft weiß, verstößt sie am Ende und nimmt ein Weib aus dem Menschengeschlecht zur Frau.....






Textauszug:


Der diese Geschichte aufschreibt, weil sie ihm das Herz bewegt und weil er wünscht, daß sie auch andern ein Gleiches tun möge, bittet dich, lieber Leser, um eine Gunst. Sieh es ihm nach, wenn er jetzt über einen ziemlich langen Zeitraum mit kurzen Worten hingeht und dir nun im allgemeinen sagt, was sich darin begeben hat. Er weiß wohl, daß man es recht kunstgemäß und Schritt vor Schritt entwickeln könnte, wie Huldbrands Gemüt begann, sich von Undinen ab- und Bertalden zuzuwenden, wie Bertalda dem jungen Mann mit glühender Liebe immer mehr entgegenkam und er und sie die arme Ehefrau als ein fremdartiges Wesen mehr zu fürchten als zu bemitleiden schienen, wie Undine weinte und ihre Tränen Gewissensbisse in des Ritters Herzen anregten, ohne jedoch die alte Liebe zu erwecken, so daß er ihr wohl bisweilen freundlich tat, aber ein kalter Schauer ihn bald von ihr weg und dem Menschenkinde Bertalda entgegentrieb; - man könnte dies alles, weiß der Schreiber, ordentlich ausführen, vielleicht sollte man´s auch. Aber das Herz tut ihm dabei allzu weh, denn er hat ähnliche Dinge erlebt und scheut sich in der Erinnerung auch noch vor ihrem Schatten. Du kennst wahrscheinlich ein ähnliches Gefühl, lieber Leser, denn so ist nun einmal der sterblichen Menschen Geschick.
Wohl dir, wenn du dabei mehr empfangen als ausgeteilt hast, denn hier ist Nehmen seliger als Geben. Dann schleicht dir nur ein geliebter Schmerz bei solchen Erwähnungen durch die Seele, und vielleicht eine linde Träne die Wange herab, um deine verwelkten Blumenbeete, deren du dich so herzlich gefreut hattest. Damit sei es aber auch genug; wir wollen uns nicht mit tausendfach vereinzelten Stichen das Herz durchprickeln, sondern nur kurz dabei bleiben, daß es nun einmal so gekommen war, wie ich es vorhin sagte. Die arme Undine war sehr betrübt, die andern beiden waren auch nicht eben vergnügt; sonderlich meinte Bertalda bei der geringsten Abweichung von dem, was sie wünschte, den eifersüchtigen Druck der beleidigten Hausfrau zu spüren. Sie hatte sich deshalb ordentlich ein herrisches Wesen angewöhnt, dem Undine in wehmütiger Entsagung nachgab und das durch den verblendeten Huldbrand gewöhnlich aufs entschiedenste unterstützt ward......



- - - - - - - -


(Schluß)

.........Bertalda schwieg und kniete, und alles kniete und die Totengräber auch, als sie fertig geschaufelt hatten. Da man sich aber wieder erhob, war die weiße Fremde verschwunden; an der Stelle, wo sie gekniet hatte, quoll ein silberhelles Brünnlein aus dem Rasen, das rieselte und rieselte fort, bis es den Grabhügel des Ritters fast ganz umzogen hatte; dann rannte es fürder und ergoß sich in einen stillen Weiher, der zur Seite des Gottesackers lag. Noch in späten Zeiten sollen die Bewohner des Dorfes die Quelle gezeigt und fest die Meinung gehegt haben, dies sei die arme, verstoßene Undine, die auf diese Art noch immer mit freundlichen Armen ihren Liebling umfasse.



<- zurück
Impressum