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Aus der Welt der Literatur



2009-08-24
Daphnis und Chloe (Longus / Insel-Taschenbuch / ISBN 3-458-31836-4)

Einer der berühmtesten Liebesromane der Antike, über den Goethe schrieb, man tue wohl daran, ihn alle Jahre einmal zu lesen. Ein Hirtenepos in malerischster, romantischster Weise, der Überlieferung nach entstanden um das dritte Jahrhundert auf der Insel Lesbos; Autor ist Longus, ein griechisch schreibender Redelehrer, über dessen Leben nichts weiter bekannt ist. Maurice Ravel schuf die Musik für eine Ballett-Version der Geschichte, die 1912 uraufgeführt wurde.


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Vorrede (Auszug):


Denn es ist bestimmt noch niemand der Liebe entronnen, und es wird ihr keiner entgehen, solange es Schönheit gibt und Augen, die sehen.....




Textauszug:

„Ich sah noch, daß er an den Schultern Flügel hatte und Bogen und Pfeile zwischen den Flügeln trug, und alsbald sah ich nichts mehr, weder diese Zeichen noch ihn selbst. Wenn ich mir nicht umsonst diese grauen Haare habe wachsen lassen und im Alter nicht törichter in meinem Sinn geworden bin, dann kann ich euch nur sagen: Ihr seid dem Eros geweiht, liebe Kinder, und Eros nimmt euch in seine Obhut.“

Die beiden freuten sich sehr über seine Erzählung, die sie eher als ein Märchen aufnahmen, und fragten, was denn nun der Eros eigentlich sei, ob ein Knabe oder ein Vogel, und worin seine Macht bestehe. Da begann Philetas abermals zu sprechen:

„Ein Gott ist Eros, liebe Kinder, jung und schön und beflügelt; darum freut er sich an der Jugend, stellt dem Schönen nach und leiht den Seelen Flügel. Seine Macht ist größer als selbst die des Zeus. Er ist Herr der Elemente, Herr der Gestirne, Herr über die Götter, obwohl sie ihm doch an Rang gleichstehen; ihr habt nicht soviel Macht über die Ziegen und die Schafe. Die Blumen alle sind Eros´ Werk, die Bäume alle seine Schöpfung; dank ihm strömen die Flüsse, wehen die Winde. Ich sah einmal einen von der Liebe ergriffenen Stier; er brüllte, als wäre er von einer Bremse gestochen. Ich sah einen Bock in Liebe zu einer Ziege entbrannt; er lief ihr überallhin nach. Auch ich war ja einmal jung und in Amaryllis verliebt. Ich dachte weder daran, etwas zu essen, noch nahm ich einen Trunk zu mir, noch fand ich Schlaf. Meine Seele war krank, mein Herz klopfte, mein Leib erschauerte. Ich schrie, als wäre ich geschlagen, ich schwieg, als wäre ich tot; ich ging in die Flüsse, als brennte ich. Ich rief den Pan zu Hilfe – war er ja doch auch in Pitys verliebt - ; ich pries Echo, daß sie mir Amaryllis´ Namen nachsprach; ich zerbrach die Syringen, weil sie zwar meine Rinder bezauberten, aber mir Amaryllis nicht gewannen. Es gibt eben kein Mittel gegen Eros, weder ein Tränklein, noch was man sonst einnehmen könnte; es hilft auch nichts, wenn man Zaubersprüche hersagt – nur eines frommt: Kuß und Umarmung und sich nackten Leibes beieinander niederzulegen.“




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