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Aus der Welt der Literatur



2010-03-13
Ein Lebensweg (Maria Beig / Verlag Klöpfer & Meyer, Tübingen / ISBN 3-940086-29-7)

Maria Beig ist Jahrgang 1920 und lehrt die Leserschaft auf atemberaubende Weise, daß auch in reiferem Alter immer noch beeindruckende Literatur gelingen kann. Und mit allergrößter Wahrscheinlichkeit gibt es noch unzählige weitere vergleichbare Schreibtalente, doch so gut wie niemand von ihnen wird je die Chance zur Veröffentlichung erhalten. Sie bleiben durchweg unerkannt, ihre Manuskripte, wenn sie denn den Mut aufbringen, sie an Verlage, an Feuilletons oder Agenten zu senden, bleiben ungelesen, wandern achtlos in den Papierkorb.
Glücklicherweise widerfuhr solcherart Mißachtung Maria Beig nicht, über die Martin Walser wissen ließ: „Stell´ dir vor, Maria Beig gäb´ es nicht, oder sie hätte nicht geschrieben! Dann wäre das alles sang- und klanglos untergegangen. Dann wäre die deutsche Literatur um einen deutlichen Posten saft- und kraftloser geblieben.“ Das bezog Walser nicht zuletzt auf den mitunter ausgeprägt autobiographischen Charakter ihrer Bücher, was jedoch deren Qualität in keiner Weise schmälert.

Maria Beig schreibt in einem Stil, den manche als „umgangssprachlich“ abzutun geneigt sind. Wenige Worte oft, spartanisch knappe Sätze, den literarischen Anforderungen, wie man sie heute in den Verlagen und ihrer Zubringerschaft definieren zu müssen glaubt, angeblich nicht genügend. Doch welcher Charme, welche unüberhörbaren Botschaften auch oder gerade von solcherart Texten ausgehen können, lassen die folgenden wenigen Zeilen aus dem Buch bereits aufscheinen.


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Textauszug:

Anfangs hatte sie´s nicht bemerkt, welch treuen Freund sie hier unten hatte. Der Hofhund lief frei. Zur Mittagszeit trottete er zum Waldrand und setzte sich an den Weg. Kam sie angefahren, jaulte er erfreut und begleitete sie. Wenn sie wegen des Nachmittagsunterrichts nicht kam, wartet er später wieder auf sie. Und war sie ein paar Stunden in die Nacht hinein fort, saß er auch dann am Wegrand. Sie dachte, er will seine Leute beisammen haben. Waren aber andere nicht da, scherte er sich nicht darum. Dann fing er an, sie zu begleiten, wenn sie fortfuhr, bis zum Wald, bis mitten hinein und darüber hinaus. Dabei ist er nach Jahren ums Leben gekommen.

An solche Ergebenheit mahnte sie der Mann, der dann seine Rolle spielte. Auch er wartete am Waldrand. Es war lächerlich und beschämend! Erstens hatte er eine Frau und zweitens: Er war klein und schmächtig. Die Haare trug er (was damals kein Mann tat) bis zur Schulter. Er hatte Zahnlücken und trank wohl gerne etwas. Er kam oft zu ihnen, an den Wochenenden und abends. Zur Unterhaltung machte er in der Stube den Kopfstand und ging auf den Händen treppauf, treppab. Er konnte schön malen. Besonders Blumen malte er gerne. Das Tal liebe er, sagte er. Die Schönheit überhaupt konnte er eigenartig bewundern. Wenn sie beisammen am kleineren Bach saßen, sahen sie jedesmal Forellen. Es ist Winter, Sommer, wieder Winter geworden. Wie beim Hund dauerte die Ergebenheit und nahm wie bei diesem ein jähes Ende. Jemand muß dem Mann die Talfahrt verboten oder verleidet haben. Ihr war es recht.







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