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Aus der Welt der Literatur



2010-04-25
Rabbit ..... eine Rückkehr (John Updike / Rowohlt Taschenbuch Verlag / ISBN 3-499-23538-2)

Meisterhaft gelingt Updike die Schilderung des amerikanischen Milieus der späten fünfziger Jahre bis zur Jahrtausendwende. Er zählt unzweifelhaft zu den großen Erzählern des vergangenen Jahrhunderts, versehen mit jener atemberaubenden Fähigkeit der Differenzierung, der Erwähnung des Notwendigen und des Auslassens des Verzichtbaren, genau der Eigenschaften, die große Autoren auszeichnen. Sie sind rar geworden in unserer Zeit.

John Updike (1932 – 2009), der es auf gut fünfzig Bücher brachte (Gedichte, Essays, Erzählungen, vor allem aber Romane), wurde immer wieder als Literaturnobelpreis-Kandidat gehandelt, erhielt ihn jedoch nie, was vielen Beobachtern der Szene unverständlich blieb. Seine insgesamt fünf „Rabbit“-Romane ragen neben dem Weltbestseller "Couples" („Ehepaare“) aus seinem literarischen Schaffen besonders heraus; er schrieb sie fast akribisch im Zehnjahresabstand, und das hier in Auszügen vorgestellte Buch bildet sozusagen das Schlußkapitel seines Berichtes über das Leben und Sterben des Bürgers Harry Angstrom, genannt „Rabbit“.

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Textauszug:


Sogar in dem Augenblick, als sie beduselt war vom Purple Jesus und sich genierte beim Gedanken, daß jemand von der Strandfeuer-Party über die Dünen kommen könnte, um zu pinkeln, hatte es ihr gefallen, auf dem Rücken zu liegen und die Welt in Gestalt des schwer atmenden Körpers dieses Jungen zu tragen, wissend, daß sie dazu gebaut war, es auszuhalten, sein schmerzhaftes Stoßen, sein Wimmern, als er kam. Männer sind unglaublich rührend, wenn sie kommen, so dankbar, eine Minute lang. Sie hat danach noch zwei, drei andere Freunde gehabt, in der Zeit, als sie bei Daddy im Gebrauchtwagengeschäft Büroarbeit gemacht hat, Quittungen abheften, Buch führen, bis er dann die Toyota-Vertretung bekam, vorher hat kein Mensch was von japanischen Autos gehört, aber ohne Strandsonne hat sie etwas eingebüßt, das bißchen Glamour, das sie hatte, war verblaßt, deshalb hat sie später auch Florida so gemocht.

Als sie zwanzig wurde und in ihrem Leben sich nichts tat, hat sie, um von ihren Eltern wegzukommen, bei Kroll´s angefangen, hinter dem Tresen mit den Nüssen und den Süßwaren, auf die Tasche des weißen Kittels, den sie tragen mußte, war „Jan“ gestickt, ihre Eltern haben sie immer bei ihrem vollen Namen genannt, „Janice“, mit saftiger, entschiedener Betonung, sie ist ihr einziges Kind gewesen, kostbar, geliebt, behütet. Die schmutzigste, mieseste Arbeit bei Kroll´s war die im Versand und bei der Warenannahme, und ausgerechnet da hat dieser große schöne Typ gejobbt, den sie von der Mt. Judge-High in Erinnerung hatte, wo er der Star des Basketballteams war und sie ein kümmerliches Ding, Schülerin der untersten High-School-Klasse, mit so schütterem Haar über der Stirn, daß die Kopfhaut durchschimmerte und die Ponys nicht viel halfen. Er führte auch beim Sprint über 440 Yards und gehörte zur 4 x 1 Meile-Staffel, aber wer sich an ihn erinnerte, hat es wegen Basketball getan. Er hat irgendwie verloren und komisch gewirkt, fast kleinlaut, nach seinen zwei Jahren bei der Army und einigen aussichtslosen Jobs.

Den ganzen Tag hinterm Ladentisch hat sie an ihn gedacht und daran, daß sie nachher mit ihm ins Bett gehen würde, und es war das erste Mal, daß sie wußte, so sicher, wie sie abends einschlief, so selbstverständlich, wie sie ihr Essen aß oder Tampax benutzte, daß sie ficken und gefickt werden würde, anstatt es einfach über sich ergehen zu lassen, entgegen ihrer besseren Einsicht, wie es sonst immer gewesen war. Während alle anderen auf der Straße ihren Allerweltsbeschäftigungen nachgingen, fuhren sie beide in Harrys altem Nash die Warren Avenue hinunter zu Linda Hammachers Eisenbett, das so heftig quietschte und schwankte, daß sie vor Lachen manchmal nicht mehr konnten und auf dem Fußboden weitermachen mußten, ihr Rücken auf den abgewetzten Läufer gepreßt und all die Staubflusen unterm Bett, dazu ein fleischfarbener vergessener Pantoffel, kaum einen Meter von ihrem Gesicht entfernt.

Harry war als Liebhaber nicht so methodisch und ausdauernd, wie Ronnie es ist, weniger groß – nicht daß die Größe so wichtig wäre, wie Männer immer meinen - , aber sie war so erregt von seinem schimmernd nackten Oberkörper über ihr und von der Erinnerung daran, wie heroisch und schweißüberglänzt er auf dem Spielfeld gewesen war, daß sie kam, schamlos sich ihm entgegenstieß, sobald er in ihr war. Es half, da unten auf dem sandig schmutzigen Boden zu liegen Sie war in vielem langsam, aber nicht, wenn es darum ging zu kommen. Sogar jetzt, wo sie dreiundsechzig ist, macht Ronnie ihr Komplimente deswegen. Das ist ihr Geheimnis, sie lächelt vor sich hin.



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