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Aus der Welt der Literatur



2010-05-13
Frühling (Else Lasker-Schüler / Die Gedichte / Suhrkamp / ISBN 3-518-39290-5)

„ - - Und ganz mein Eigen ..." heißt es am Ende ihres Gedichtes; eher leise und verhalten und doch wohl ein stummer Schrei nach Geborgenheit, nach Zuwendung, nach jenem Vertrauten und Beständigen, das ihr, der Ruhelosen, der Getriebenen, ein Leben lang verwehrt blieb.

„Dies war die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte.“ Gottfried Benn soll diese Worte über Else (Elisabeth) Lasker-Schüler (1869 – 1945) gesagt haben. Auch wenn er als einer ihrer zahlreichen Geliebten nicht unbedingt zu den objektivsten Rezensenten zu zählen sein wird. Dennoch, zweifellos war sie eine große Lyrikerin und Poetin ihrer Zeit, zog wie wenige andere künstlerisch Ambitionierte die Aufmerksamkeit auf sich. Exzentrisch, exaltiert, schillernd, sinnlich bis zur Provokation in Wort und Schrift. Der Verlauf ihres Lebens spiegelt ihr Wesen, ihre jüdische Herkunft und vor allem die Zeit, in der sie lebte, mit aller Deutlichkeit und Unbarmherzigkeit wider. Unter der sich abzeichnenden Bedrohung durch die Nationalsozialisten emigrierte sie bereits 1933, unmittelbar nach Hitlers Machtergreifung, in die Schweiz, doch auch dort war sie nicht gelitten, erhielt ein Schreibverbot. 1938 wurde ihr die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, ihre Kunst als „entartet“ eingestuft. Die Schweiz duldete sie mit befristeten Aufenthaltserlaubnissen, ließ sie durch die Fremdenpolizei überwachen. Zweimal reiste sie nach Palästina, nach der dritten Reise dorthin verwehrte ihr die Schweiz die Rückkehr, verweigerte ihr ein weiteres Visum. Bis zu ihrem Tod lebte sie in Jerusalem; sie starb am 22. Januar 1945, erlebte den Untergang Hitler-Deutschlands nicht mehr, den sie schon früh vorausgesagt hatte. Wie bei vielen großen Frauengestalten der Literatur, so weist auch ihr Leben wohl nur wenige Momente des Glücks auf, war um so mehr geprägt von Schmerz und Tragik. Auf dem Ölberg, dem für Juden so symbolträchtigen Friedhof, liegt sie begraben.

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Frühling (Else Lasker-Schüler)


Wir wollen wie der Mondenschein
Die stille Frühlingsnacht durchwachen,
Wir wollen wie zwei Kinder sein,
Du hüllst mich in Dein Leben ein
Und lehrst mich so, wie Du, zu lachen.

Ich sehnte mich nach Mutterlieb´
Und Vaterwort und Frühlingsspielen,
Den Fluch, der mich durch´s Leben trieb,
Begann ich, da er bei mir blieb,
Wie einen treuen Feind zu lieben.

Nun blühn die Bäume seidenfein
Und Liebe duftet von den Zweigen.
Du mußt mir Mutter und Vater sein
Und Frühlingsspiel und Schätzelein!
- - Und ganz mein Eigen ...



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