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Aus der Welt der Literatur



2005-03-07
Das sterbende Kind (Hans Christian Andersen)

Hans Christian Andersen schrieb – was vielen nicht bekannt ist – mehr als nur Märchen. Aus seiner frühen Schaffenszeit stammt das Gedicht „Das sterbende Kind“. Es blieb ein Geheimnis, was ihn zu den, fast erweckt es den Anschein, vordergründig mit eher leichter Hand geschriebenen und doch alle Schmerzen verkündenden Zeilen veranlaßt haben mag.

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Mutter, ich bin müde, laß in Deinen
Treuen Armen schlummern ein Dein Kind,
Doch versprich mir erst nicht mehr zu weinen;
Heiß und brennend Deine Thränen sind.
Hier ist's kalt, und draußen Stürme wehen,
Doch im Traum ist alles licht und klar;
Engelkinder hab ich dort gesehen,
Immer wenn mein Aug' geschlossen war.

Sieh! da steht schon eins an meiner Seite,
Hör, wie süß es klinget; Mutter, sieh
Doch die Flügel, weiß und glänzend beyde!
Mutter, gab ihm unser Vater die?
Gold und Blumen mir vor Augen schweben,
Gottes Engel streut sie um mich aus.
Sag, bekomm ich Flügel auch im Leben,
Oder erst in seinem Sternenhaus?

Warum drückst Du meine Hand zusammen,
Warum so an meine, Deine Wang?
Sie ist naß, und brennt doch wie die Flammen,
Bey Dir bleib ich ja mein Lebelang.
Laßt nur Deine Thränen nicht mehr fließen,
Muß auch weinen, wenn Du traurig bist.
O wie müd! - Es will mein Aug sich schließen,
Sieh doch - sieh - wie mich der Engel küßt.



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