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Aus der Welt der Literatur



2009-11-22
Mein blaues Klavier (Else Lasker-Schüler)

„Dies war die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte.“ Gottfried Benn soll diese Worte über Else (Elisabeth) Lasker-Schüler (1869 – 1945) gesagt haben. Auch wenn er als einer ihrer zahlreichen Geliebten nicht unbedingt zu den objektivsten Rezensenten zu zählen sein wird. Dennoch, zweifellos war sie eine große Lyrikerin und Poetin ihrer Zeit, zog wie wenig andere künstlerisch Ambitionierte die Aufmerksamkeit auf sich. Exzentrisch, exaltiert, schillernd, sinnlich bis zur Provokation in Wort und Schrift. Der Verlauf ihres Lebens spiegelt ihr Wesen, ihre jüdische Herkunft und vor allem die Zeit, in der sie lebte, mit aller Deutlichkeit und Unbarmherzigkeit wider. Unter der sich abzeichnenden Bedrohung durch die Nationalsozialisten emigrierte sie bereits 1933, unmittelbar nach Hitlers Machtergreifung, in die Schweiz, doch auch dort war sie nicht gelitten, erhielt ein Schreibverbot. 1938 wurde ihr die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, ihre Kunst als „entartet“ eingestuft. Die Schweiz duldete sie mit befristeten Aufenthaltserlaubnissen, ließ sie durch die Fremdenpolizei überwachen. Zweimal reiste sie nach Palästina, nach der dritten Reise dorthin verwehrte ihr die Schweiz die Rückkehr, verweigerte ihr ein weiteres Visum. Bis zu ihrem Tod lebte sie in Jerusalem; sie starb am 22. Januar 1945, erlebte den Untergang Hitler-Deutschlands nicht mehr, den sie schon früh vorausgesagt hatte. Wie bei vielen der großen Frauengestalten der Literaturgeschichte, so weist auch ihr Leben wohl nur wenige Momente des Glücks auf, war dagegen um so mehr geprägt von Schmerz und Tragik. Auf dem Ölberg, dem für Juden so symbolträchtigen Friedhof, liegt sie begraben.

Manche sagen, „Mein blaues Klavier“ sei ihr schönstes Gedicht, erzähle es doch wie kaum ein anderes von ihren vielen Verwundungen, die sie davontrug, von ihrer Verlorenheit und Einsamkeit.


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Mein blaues Klavier


Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.

Es steht im Dunkel der Kellertür,
Seitdem die Welt verrohte.

Es spielen Sternenhände vier
– Die Mondfrau sang im Boote –
Nun tanzen die Ratten im Geklirr.

Zerbrochen ist die Klaviatür .....
Ich beweine die blaue Tote.

Ach liebe Engel öffnet mir
– ich aß vom bitteren Brote –
Mir lebend schon die Himmelstür –
Auch wider dem Verbote.





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